Anarchismus in den Niederlanden

Karte der politischen Gliederung der Niederlande (2012)

Der Anarchismus in den Niederlanden hatte seinen Ursprung[1] in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Seine Wurzeln lagen in den radikalen und revolutionären Ideologien der Arbeiterbewegung, im antiautoritären Sozialismus, den Freidenkern, in zahlreichen Vereinen und Organisationen die eine freiheitliche Gesellschaftsform anstrebten. Im Ersten Weltkrieg arbeiteten Einzelpersonen und Gruppen von Syndikalisten und Anarchisten verschiedener Strömungen zusammen, für Kriegsdienstverweigerung und gegen die Politik der Regierung. Der gemeinsame Widerstand war gegen Imperialismus und Militarismus gerichtet. Die Ablehnung und der Widerstand gegen den Krieg aus christlichen Motiven ging hauptsächlich vom Bond van Christen-Socialisten („Bund der christlichen Sozialisten“; BCS) aus.[2]

Den Anarchismus in den Niederlanden zu erwähnen, ohne die sozialistische Arbeiterbewegung mit einzubeziehen, ist kaum möglich. Der bekannteste Anarchist, F. D. Nieuwenhuis, kam aus sozial-demokratischen Kreisen und hatte viel dazu beigetragen, aus der Arbeiterklasse einen historischen Faktor zu machen.[3] Als Soziale Bewegung hatte der Anarchismus in den Niederlanden bis Anfang des Zweiten Weltkrieges größeren Einfluss auf den sozialen Wandel der Gesellschaft in kultureller, politischer und sozialer Hinsicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Anarchismus erst in den 1960er Jahren durch die Provo-Bewegung wiederum aktiv und einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.[4]

Der Christliche Anarchismus,[5][6] der Antiautoritäre Sozialismus und der Christliche Sozialismus waren, ebenso wie der Anarchosyndikalismus, von nicht zu unterschätzender Bedeutung in den Niederlanden. Ebenfalls Genossenschaften, kommunistische Organisationen und verschiedene Vereinigungen, die sich im 19. Jahrhundert für freie Meinungsäusserung, Toleranz und Menschenwürde einsetzten. Sie mussten gegen die Willkür von Staat und Kirche ankämpfen. Sie standen am Anfang des modernen Liberalismus, Sozialismus, dem Antimilitarismus und Anarchismus.[7]

Leitende Personen des frühen Sozialismus in den Niederlanden waren, so die Autoren J. Bank und M.v. Buuren, die Frühsozialisten Hendrik Gerhard (1829–1886), Jan Stoffel (1852–1921) und Ferdinand Domela Nieuwenhuis (1846–1919). Sie vertraten die Ansicht, dass das „soziale Elend“ der Arbeitnehmer der private Grundbesitz (particulier grondbezit) war, und strebten eine Föderation von gesellschaftlichem Grundbesitz an.[8]

Der Freidenker und Anarchist Anton Levien Constandse (1899–1985) schrieb in Het anarchisme in de Nederlanden („Der Anarchismus in den Niederlanden“), dass sich im Norden der Niederlande ein halbes Jahrhundert lang, von 1890 bis 1940, eine anarchistische Bewegung entwickelte, die im Verhältnis größer war als in anderen europäischen Ländern, ausgenommen Spanien.[9]

  1. Siehe hierzu: Arie Hazekamp: Oorsprong van het anarchisme in Nederland. („Ursprung des Anarchismus in den Niederlanden“). In: Ravage. Nr. 16, Dezember 2002.
  2. Herman Noordegraaf: Scheiding der geesten: over revolutie en geweld in 1920. Niederländisch, abgerufen am 9. April 2013.
  3. Autor: Max Beer. De socialistische arbeidersbeweging in Nederland („Die sozialistische Arbeiterbewegung in den Niederlanden“). Niederländisch, abgerufen am 26. April 2013.
  4. Interview mit Michel (von der „Anarchistische Groep Amsterdam“) über Anarchismus in den Niederlanden. Interview von 2010. Deutsch, abgerufen am 7. Juni 2013.
  5. Christianarchie – Vrede und vrije mensen. Homepage von: Christlicher Anarchismus – Friede und freie Menschen. Niederländisch, abgerufen am 24. April 2013.
  6. Für die Bedeutung des Tolstojanismus als christlich-anarchistische Strömung im niederländischen Anarchismus siehe Dennis de Lange: Die Revolution bist Du! Der Tolstojanismus als soziale Bewegung in den Niederlanden. Verlag Graswurzelrevolution, Heidelberg 2016.
  7. Siehe hierzu: Jan Bank, Maarten van Buuren: 1900. Hoogtij van burgerlijke cultuur. S. 350.
  8. Siehe hierzu: Jan Bank, Maarten van Buuren: 1900. Hoogtij van burgerlijke cultuur. S. 443.
  9. Siehe hierzu: A.L. Constandse: Het anarchisme in de Nederlanden. In: Ons Erfdeel. S. 361 und 363.

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